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Das Kreuz von Agadez - Bedeutung, Herstellung und Geschichte

Das Kreuz von Agadez ist das Symbol der Tuareg-Stadt Agadez am Südrand der Sahara (Niger). Es besteht aus Silber und wird auch als Kreuz des Südens oder Tuareg-Kreuz bezeichnet. Was das Kreuz bedeutet, wissen die Tuareg meist selbst nicht mehr, sie kennen verschiedenste Mythen, für ihre heutige Kultur hat es aber kaum Bedeutung. Wir gehen im Folgenden diesen Mythen anhand von wissenschaftlicher Forschung auf den Grund.

Kreuz von Agadez Silber Ohrring Tuaregschmuck aus der Sahara

Ägyptischer Ursprung der Tuareg und ihres Kreuzes:

In der Tuareg-Forschung wird heute mit wohl herrschender Meinung davon ausgegangen, dass das Volk der Tuareg sich bereits Jahrhunderte vor Christus von Süd-Ägypten aus über Nordafrika auf seinen heutigen Siedlungsraum Sahara (Mali, Libyen, Niger, Burkina Faso, Algerien) ausbreitete.

Es gibt eine Reihe von Hinweisen auf den ägyptischen Ursprung der Tuareg.

Archäologische Funde

So fanden Forscher des Nigrischen Nationalmuseums (dessen Besuch übrigens äußerst empfehlenswert ist) 1961 in einem Berg im Aïr-Gebirge unweit von Agadez eine Grabkammer mit unzähligen authentischen, altägyptischen Gegenständen, darunter auch antike Tuareg-Schmuckstücke. Leider hat man diese Forschungsarbeit leider nicht weiter ausgedehnt, aufgrund der prekären Sicherheitslage in der Sahara wird es dazu in absehbarer Zeit wohl auch nicht mehr kommen.

Etymologie

"Amenokal" ist die Bezeichnung eines Clanchefs bei den Tuareg, dieses Wort beinhaltet mit "Amon" eine Anleihe an den altägyptischen Fruchtbarkeitsgott, ebenso wie der berühmte Tamasheq-Ausspruch "Aman Iman" ("Wasser ist Leben", Reminiszenz an die sie umgebende Dürre der Wüste).

Kultur

Tuareg beider Geschlechter tragen ein weiteres Schmuckstück mit ägyptischem Bezug, nämlich eine Talismann-Kette mit drei symmetrischen Dreiecken, die an Pyramiden erinnern ("Chomeissa"). Seit die Tuareg zum Islam bekehrt wurden, werden in diesen Amulette Koranverse verstaut, sodass von einer Art Inkulturation der islamischen Kultur in die vor-islamische auszugehen ist.

"Ankh" und "Teneghelt"

Damals schon nomadisch lebend, brachten die Tuareg nach dieser Theorie von Ägypten aus ein Kreuz nach dem Vorbild des alten ägyptischen "Ankh" mit. Beide Kreuze haben das Element Drei (Drei Teilstücke des großen T beim "Ankh", drei kleine Kreise beim Kreuz von Agadez), beide beinhalten ein ovales Element. Der Name "Kreuz von Agadez" sowie die namensgebende Stadt Agadez selbst entstanden wesentlich später.

In Tamasheq, der Sprache der Tuareg, nennt man das Kreuz von Agadez "Teneghelt". 

 "Tenegh'lt" besteht in der Tuareg-Sprache Tamasheq aus dem Verb "anaghal" (strömen, fließen) und dem weiblichen Suffix "-lt" und bedeutet in etwa strömende Weiblichkeit. Das Kreuz wird somit als weiblich betrachtet, ihm werden weibliche Eigenschaften zugesprochen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Stellung der Frau innerhalb der Tuareg-Kultur eine hohe ist: Die Frau ist die Hüterin der Geschichten, Mythen und der eigenen Schrift, des "Tifinagh". Ihr gehört traditionell das Haus (bzw. Zelt) und die Kinder. Damit ist die Vorstellung einiger Autoren, es handle sich beim Kreuz von Agadez um eine Art Phallus-Symbol, wohl abzulehnen.

Die Erfolgsgeschichte des Kreuz von Agadez

Große Verbreitung auf dem internationalen Markt erreichte das Kreuz von Agadez durch fantasievolle Tuareg-Schmiede, die immer neue Abwandlungen des Kreuzes kreierten und als sie als Tuareg-Kreuze verkauften - zunächst an französische Kolonialherren, dann an Touristen und Entwicklungshelfer und später weltweit. Das Nigrische Nationalmuseum listet ganze 21 Stück auf, jedes ist einer Stadt oder Region im Niger zugeordnet, die Formen sind dabei teils weit entfernt vom Original und kaum noch als Kreuz zu erkennen.

Mittlerweile ist das Tuareg-Kreuz als DAS Symbol der Tuareg-Kultur anerkannt.

Herstellungsmethoden

Nachhaltig, ohne Strom, ohne elektrische Geräte oder Maschinen, mit einfachsten Werkzeugen und einem Feuer

Wachsausschmelzverfahren ("Cire Perdue"):

Das ältere Verfahren ist das "Cire Perdue"-Verfahren ("Verlorene Form", Wachsausschmelzverfahren): Ein Kreuz-Modell aus Wachs wird mit einer Paste aus Laterit (bzw. Ton, Lehm) umkleidet, dabei wird eine Öffnung gelassen. Sobald diese Paste getrocknet ist, wird der Gusskörper erhitzt und das schmelzende Wachs durch die Öffnung abgegossen (das Wachs ist damit "verloren", "perdue"). Nun wird geschmolzenes Silber in die entstandene Hohlform gegossen. Damit ist das Kreuz von Agadez schon fast fertig: Die Gussform wird nach dem Erkalten abgeschlagen, das Kreuz mit Punzierungen verziert und poliert, et Voilà:

Kreuz von Agadez Herstellung im Wachsausschmelzverfahren

Modernes Gussverfahren

Eine andere Methode enstand um 1940, ist einfacher und schneller und ermöglicht die Herstellung mehrerer gleicher Kreuze: Es braucht eine vorbereitete Kupferform bestehend aus zwei Stücken, einem kleinen mit einem Kreis in der Mitte und einem großen, in welches man das kleinere zu Beginn des Herstellungsprozesses einrastet. Durch eine Öffnung unten an der Form wird das erhitzte Silber gegossen. Wenn das Metall erkaltet ist, öffnet der Schmied das Gehäuse und zieht das Kreuz heraus. Wie beim Ausschmelzverfahren wird das Kreuz nun noch verziert und poliert.

Die Hochschätzung der Frau in der Kultur der Tuareg zeigt sich auch darin, dass Gewalt gegen Frauen in jeder Form und in jeder Situation verpönt ist. Ein prügelnder Ehemann ist, im Gegensatz zu anderen islamisch-geprägten Kulturen, immer ein Grund für eine Frau sich ohne Ehrverlust scheiden zu lassen (Vgl. "Die schönen Tuareg-Frauen"). Entsprechend der oben beschriebenen Vorstellung von der Weiblichkeit des "Teneghelt" benutzen die Schmiede daher beim Feinschleifen des Kreuzes weder Amboss noch Hammer.

Tuareg Schmied mit Werkzeug bei der Herstellung von Schmuck

Anmerkung

Alle oben dargestellten Informationen stammen von Tuareg-Schmieden aus Agadez, die vom Service Artisanat D'Agadez zur Verfügung gestellt wurden. Es ist zu betonen, dass ihre Ausführungen keinen absoluten Wahrheitsanspruch erheben: Wie jede Wissenschaft kann sich auch die Forschung zur Herkunft der Tuareg und ihres Kreuzes irren bzw. sich künftig weiter entwickeln, sodass der heutige Stand möglicherweise eines Tages überholt sein wird.

Nichtsdestotrotz scheinen diese Erklärungen plausibel und nachvollziehbar.

Der Vollständigkeit halber wollen wir auf weitere Deutungsansätze hinweisen:

- Zum Teil wird angenommen, dass das Kreuz von Agadez von einem jungen reichen Tuareg in Auftrag gegeben wurde, um seiner Geliebten ein Geschenk zu machen.

- Andere sehen im Kreuz von Agadez einen Hinweis auf das Sternenbild "Kreuz des Südens". Hintergrund ist, dass sich die Tuareg in der endlosen Wüste bereits seit Jahrtausenden ohne Kompass orientieren und Routen für ihre Karawanen finden konnten. Dabei halfen ihnen die Sterne am Himmel.

- Die Enden des Kreuzes symbolisieren die vier Himmelsrichtungen.

- Das Kreuz hat sich vom am Körper getragenen Zahlungsmittel zu einem dekorativen Schmuckstück entwickelt.

- Eine weitere Interpretation kursiert in Agadez: Die Tuareg seien vor der Islamisierung durch die Araber Christen gewesen, da sie auf ihren Handelsreisen durch die Sahara immer wieder mit Christen in Berührung gekommen waren. Von diesen haben sie das Kreuz als Symbol inkulturiert, überliefert und, ohne seine wahre Bedeutung zu erkennen, bis heute bewahrt.

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